Soll man seinem Fahrzeug ein zweites Leben bescheren? Irgendwo in Afrika?
Da gehen die Meinungen wirklich auseinander und es hat interessante Studien und Presseberichte gegeben. Die Definition „Schrott“ ist auch unklar. Was bei uns als Schrott bezeichnet wird kann in anderen Ländern noch jahrelang von Nutzen sein. Pfiffige Mechaniker gibt es in Afrika genug, unsere Maßstäbe für eine sach- und fachgerechte Reparatur gelten dort nicht, trotzdem ist es denen möglich auch die älteste Kiste am Leben zu erhalten. Die Straßen sind oft unberechenbar und lassen keine hohen Geschwindigkeiten zu, ein Reifen ist gut solange er Luft hält. Die besten Straßen hat Südafrika und Namibia, aber dorthin dürfen nur rechtsgelenkte Fahrzeuge exportiert werden...
Autos werden in Afrika viel intensiver genutzt. Selten ist ein Auto in Afrika mit nur einer Person besetzt. Menschen, Tiere und Waren – alles wird im Pkw transportiert. Oft sind Fahrzeuge total überladen, fahren aber trotzdem.
Das heutige Afrika funktioniert nicht ohne Autos !!!
Verschiffung: Wer kennt nicht den Fernsehbericht in dem ein Fahrzeug von Hamburg nach Cotonou, Benin verschifft wird. Der libanesische Reeder verlädt in diesem Bericht auf abenteuerliche Weise alte Autos die dann in Cotonou, zum Schutz vor Dieben, von mit Peitschen bewaffneten Wachen aus dem Hafen gebracht werden.
So ist es aber nicht immer. Die meisten Fahrzeuge werden auf roll on / roll off Schiffen der Grimaldi Reederei transportiert. Das sind die Spezialisten für den Autotransport nach West Afrika. Die haben eine Flotte von 18 Ro/Ro Schiffen auf denen die Fahrzeuge wie auf einer Fähre verladen werden. Selten gibt es eine Beule, manchmal fehlt ein Radio. Eigentlich funktioniert die Autoverschiffung mit denen ganz gut. Es ist schon eine logistische Meisterleistung denn jedes dieser Schiffe kann 2.000 bis 5.000 Pkw laden und es werden verschiedene Häfen angefahren. Für hochwertige, neue und besondere Fahrzeuge gibt es auf diesen Schiffen stets ein “High Value Deck” da sind die Autos sicher. Die Seefracht kostet dort etwas mehr, für ein wirklich gutes Fahrzeug sollte man es aber investieren.
Seit Frühjahr 2009 fahren die Grimaldi Schiffe auch von Nordamerika nach Westafrika. In den USA sind die Autos billig und so landen jetzt auch die richtig großen Spritschlucker auf dem afrikanischen Markt…
Beiladungen: Es war jahrelang so üblich die Exportautos für den afrikanischen Empfänger mit gebrauchten Waren, Ersatzteilen und Geschenken zu füllen. Das geht heute nicht mehr! Es wurde auf diesem Weg u.a. Altreifen und Elektroschrott entsorgt, die dann auf afrikanischen Müllkippen landeten. Heute werden Fahrzeuge in Hamburg inspiziert, sollte sich Schrott darin befinden haftet der Versender für die Entsorgung.
Ein Auto nach Afrika exportieren (entsorgen) – soll man ein schlechtes Gewissen haben?
Werden durch den Automobilexport dem heimischen Markt wertvolle Rohstoffe (Metalle) entzogen?
Es gibt eine Menge Literatur, Presse- und Fernsehberichte über diese Themen. Hier eine Auswahl:
ARD 2005 ARD Exklusiv: Ohne TÜV nach Afrika. Deutsche Gebrauchtwagen auf großer Fahrt. Reportage, 2005.
Dradio , 2007 Business mit Blech. Alte Autos aus Europa, verschifft nach Westafrika. Von Eberhard Schade http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/diereportage/703289/
Arte TV 2008 Autoexport nach Afrika
3Sat 2009, “Ein Auto für Mr. Bah” - Doku von Peter Spring und Adrian Zschokke Ein alter Toyota aus der Schweiz wird Taxi in Sierra Leone...
Osyguß 2006 Osyguß, Bianca.: Die internationale Wertschöpfungskette von Gebrauchtgüterexporten aus Deutschland in Länder Westafrikas – am Beispiel des Exports von Altfahrzeugen, Diplomarbeit am Institut für Geographie Hamburg (Prof. Dr. Bärbel Leupolt), Hamburg, März 2006.
Verbesserung der Edelmetallkreisläufe: Analyse der Exportströme von Gebraucht-Pkw und –Elektro(nik)geräten am Hamburger Hafen. Forschungsprojekt im Auftrag des Umweltbundesamtes FuE-Vorhaben , Förderkennzeichen 363 01 133 , Februar 2007 Dr. Matthias Buchert, Andreas Hermann , Dr. Wolfgang Jenseit , Dr. Hartmut Stahl, Bianca Osyguß, Dr. Christian Hagelüken www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3199.pdf
Blume, Tillmann/ Freimann, Jürgen/ Mauritz, Carsten/ Walther, Michael 2008 Auto, Motor, Schrott - Über die Schließung globaler Stoffkreisläufe am Lebensende in: Ökologisches Wirtschaften, H. 4/2008, http://cms.uni-kassel.de/unicms/fileadmin/groups/w_030113/Publikationen/2008-OEkologisches_Wirtschaften_Auto__Motor__Schrott.PDF
Fuchs 2005 Fuchs, M. (Prof. Dr. Martina Fuchs, Wirtschafts- und Sozialgeographi-sches Institut der Universität Köln): Wo stirbt ein Auto? Wertschöp-fungsketten von Altautos, Geographische Rundschau 57 (2005), Heft 2, S. 48-53.
Öko-Institut 2006 Dehoust, G.; Buchert, M.; Jenseit, W.; Hermann, A.; Schulze, F.; Giegrich, J.: Fortentwicklung der Kreislaufwirtschaft zu einer nachhaltigen Stoffstrom- und Ressourcenpolitik, Teilvorhaben „Ermittlung von relevanten Stoffen bzw. Materialien für eine stoffstromorientierte Ressourcen schonende Abfallwirtschaft“, Öko-Institut e.V. in Kooperation mit IFEU-Institut, im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 2006
Adelphi 2003 Adelphi Research GmbH: Gebrauchtgüterexporte und Technologietransfer: ein Hindernis für nachhaltige Entwicklung in Entwicklungs- und Schwellenländern, im Auftrag des Rates für Nachhaltige Entwicklung, Mai 2003.
Hamburger Abendblatt, 4. Oktober 2006. Tiedemann, A.: Letzte Ausfahrt UNIKAI – das Tor zur Autowelt.
Hamburger Abendblatt 2003 Rostlauben für Afrika.
Spiegel 2009 Illegaler Autohandel Abgewrackte Pkw werden nach Afrika verschifft. Spiegel online: http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,619494,00.html
Spiegel 2007 Deutscher Schrott für Afrika, Spiegel online: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,489702,00.html Letzte Ausfahrt Lagos: http://www.spiegel.de/sptv/reportage/0,1518,469515,00.html
Mare TV, Thomas Seekamp / Stephan Kröger 2006: From Hamburg to Africa.
Die Presse.com: Norbert Rief. 04.07.2009 Österreichische Schrottautos für Afrika. http://diepresse.com/home/wirtschaft/international/492556/index.do
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